Wie auf die Terrorattacke in Wien reagieren?

 Aufzeichnung der Online-Konferenz

Wien – Experten reagieren auf Terroranschlag von Wien. UPF-Österreich veranstaltete am 10. November eine Online-Konferenz, die sich mit dem Terroranschlag von Wien befasste. Am Abend des 2. November 2020 eröffnete ein bewaffneter Mann im Stadtzentrum von Wien das Feuer auf Passanten, wobei vier Personen getötet und 23 weitere verletzt wurden. Bei dem von der Polizei getöteten Angreifer handelte es sich um einen 20-jährigen Österreicher, der auch die nordmazedonische Staatsbürgerschaft besaß. Er war als Anhänger islamistischer Gruppen bekannt.

 

Peter Haider, Präsident der UPF-Österreich, moderierte das Treffen, bei dem vier Redner ihre Erfahrungen und Ansichten austauschten.

Herr Haider fragte, wie es zu einer solchen Radikalisierung kommen könne. Er bezog sich auch auf eine mehrtätige Veranstaltung der Initiative „Peace Road Austria 2020“, die erst eine Woche vor dem Angriff abgeschlossen worden war. Unter Bezugnahme auf die Hierarchie der sozialen Bedürfnisse, erstellt vom amerikanischen Psychologen Abraham Maslow und interpretiert vom Filmregisseur Joshua Sinclair, sagte er, dass die Frage von Prestige und Würde als menschliches Grundbedürfnis uns dazu auffordert, tiefer zu blicken.

Dr. Zekirija Sejdini, Professor für Islam in der modernen Gesellschaft an der Philologisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien, sagte, dass der Terrorismus seit 20 Jahren präsent sei. Wir wären schlecht beraten zu glauben, dass wir ihn vollständig beseitigen oder ignorieren können. Es sei unerheblich, ob die Radikalisierung religiöser, politischer, nationaler, linker oder rechter Natur sei. Diese Gruppen, die rekrutieren, wissen ganz genau wie sie ihre Ziele erreichen und Menschen ködern können - schwache, für Radikalisierung anfällige Menschen, Menschen, die Anerkennung oder einen sozialen Status suchen, oft sehr jung, auch Menschen, die Diskriminierung erfahren haben.

Professor Sejdini war zum Zeitpunkt des Angriffs in Wien und sagte, er sei schockiert und persönlich verletzt. Er bemerkte, dass der Islam auf dem Balkan sich vom arabischen Islam unterscheide. Obwohl der Terrorist seine Wurzeln in Nordmazedonien hatte, wurde er in Österreich sozialisiert. Dies habe nichts mit dem Islam auf dem Balkan zu tun. Der Schütze, der in Österreich geboren und aufgewachsen ist, ist ein Produkt seines Kontextes, der offenen Gesellschaft, die wir hier haben und die verwundbar ist. Die Menschen, die hinter diesen Terrorakten stehen, sollten zur Rechenschaft gezogen werden, sagte er. Der Erfolg solcher Aktivitäten hänge von der Reaktion der Gesellschaft ab. Diese Gruppen können zu Spaltungen führen, aber wenn sich Menschen zusammenschließen, werden solche Terrorakte nicht das beabsichtigte Ziel erreichen.

Dr. Helga Kerschbaum vom NGO-Komitee für Frieden, Vereinte Nationen, Wien, war Richterin in Wien, studierte in Kyoto, Japan, und lebte in Paris, Frankreich und Kapstadt, Südafrika. Sie sprach über Südafrika während und nach der Apartheid und sagte, dass Nelson Mandela alle Menschen in seine Anstrengungen, Probleme zu lösen, mit einbezog, damit Brücken baute und niemanden zurücklassen wollte. In ihrem 2004 erschienenen Buch "Kultur des Wohlwollens" schlägt sie vor, dass wir miteinander auskommen sollten, weil wir hier zusammenleben. "Ich will leben, und ich will, dass Sie leben. Uns allen ist es wichtig, dass es uns allen gut geht."

DI Ian Banerjee, ein Architekt, Stadtplaner und Bildungsforscher an der Technischen Universität Wien, erzählte, dass er in der Nähe des Anschlagsortes gewesen sei und als Stadtplaner die Situation beobachten wolle. Es herrsche eine gewisse Gelassenheit, man erkenne die Tatsachen, lasse sich aber nicht davon beeinflussen.

Am nächsten Tag reflektierte er über die Gefühle in so einem bedrohlichen Szenario. Es erinnerte ihn an die Terroranschläge in den Vereinigten Staaten am 11. September 2001. Er war zwei Wochen nach diesen Anschlägen in New York, und empfand damals ein Gefühl der Solidarität. Er sagte, dass das Kerzenmeer am Ort des Angriffs in Wien genauso ausgesehen habe wie in New York.

Herr Banerjee sagte, dass er über 50 Städte besucht habe, weil städtische Innovation sein Thema sei. Kräfte, die Integration anstreben, halten eine Gesellschaft zusammen. Aber es gibt auch solche, die eine Gesellschaft spalten. Terroristen wollen diesen Zusammenhalt zerstören. Die Menschen haben es oft geschafft, Kräfte des Zusammenhalts zu fördern. Ein Thema in der Stadtplanung ist, diesen Gruppenzusammenhalt der Gesellschaft zu nutzen und spezielle Techniken zu entwickeln, um diesen kollektiven Zusammenhalt noch zu stärken. Der Schmelztiegel der Großstädte ist in vieler Hinsicht sehr reich. Die Digitalisierung bringt uns eine neue Welt.

Dr. Stefan Stoev, Gründer der gemeinnützigen Kulturorganisation IDEA Society, sagte, er sei überzeugt, dass Menschen, die künstlerisch tätig sind, nicht zerstören, und dass Kunst und Kultur eine wichtige Rolle spielen. Die Jugend muss die Erfahrung machen, dass sie zu Kultur und Kunst etwas beitragen könne. Diese weiche Macht ist eine diplomatische Macht. "Mein Wunsch für meine Kinder und alle Kinder ist, dass sie lernen, wie Dinge geschaffen werden und nicht, wie Dinger zerstört werden. Ich habe Hoffnung für die Zukunft, indem ich in der Jugend überall auf der Welt Talente für Kunst und Kultur entdecke.

Der Präsident der UPF-Österreich, Peter Haider, erzählte, dass vor 15 Jahren tschetschenische Flüchtlinge zu einer UPF-Veranstaltung kamen, um auch ihrer Frustration über die an ihnen begangenen Verbrechen Ausdruck zu verleihen. Wir schlugen vor, dass sie sich nicht nur als Opfer sehen sollen, sondern auch als Botschafter eines interessanten kulturellen Erbes und dass sie dieses mit den Menschen hier teilen sollten. Nachdem sie einen Film gezeigt hatten, der ihre schrecklichen Erlebnisse schilderte, kochten sie für die Gäste und eine Tanzgruppe stellte ihre traditionellen Tänze vor. Wir alle seien durch diese Erfahrung bereichert worden, sagte Herr Haider. Jede Nation und ihr Volk haben so viele Geschichten und verschiedene Ausdrucksformen ihrer Kultur, die geteilt werden können. Dadurch bereichern sie die Menschen und bringen sie einander näher.

Lilly Gundacker

Weitere Infos: Peter Haider Tel.: 0650 2588846 E-Mail: info@weltfriede.at